
Der (gefährliche) Boom der Schwarzmarkt-Pflege
Jeder weiß es, viele machen es, kaum einer widersetzt sich. Gesundheitsbehörden, die Politik und die Schwarzarbeit in der Pflegebranche scheinen eine Art „Nichtangriffspakt“ zu haben.
Laut einer Studie von Prof. Cornelia Schweppe und Dr. Vincent Horn von der Universität Mainz arbeiten mindestens 150.000 Pflegekräfte mit Migrationshintergrund in Deutschland – illegal. Weitere Quellen gehen von einer noch viel höheren Dunkelziffer aus.
„Diese Schwarzarbeit ist faktisch eine tragende Säule im Pflegesystem“, stellt Schweppe fest.
Heim oder Zuhause?
Es ist wohl eine der schwierigsten Entscheidungen im Leben: Die pflegebedürftigen Angehörigen in ein Heim zu geben oder in den eigenen vier Wänden zu pflegen?
Wohingegen erstere Entscheidung mit einem moralischen Dilemma und einem enorm hohen Kostenaufwand verbunden ist, kann die zweite Option selten komplett aus eigener Kraft gestemmt werden.
Ein Modell, das sich schon länger in der Praxis bewährt hat, ist die 24-Stunden-Betreuung. Hierbei wohnt eine Pflegekraft in einem regelmäßigen Zyklus – meist abwechselnd mit einer anderen – bei der Familie beziehungsweise bei den Betroffenen und kümmert sich um den oder die Pflegebedürftige(n). Diese können so in ihrem gewohnten Umfeld weiterleben, gleichzeitig werden die Angehörigen entlastet.
Doch welche Pflegekraft ist bereit, dieses intensive Beschäftigungsverhältnis zu einem bezahlbaren Gehalt einzugehen? In den allermeisten Fällen ungelernte Aushilfspflegekräfte aus Osteuropa!
Eine legale Rundum-Pflege, inklusive Versicherung und steuerlicher Anmeldung, kostet monatlich bis zu 2.400€. Illegal vermittelte Pflegekräfte erledigen diesen Dienst auch für die Hälfte des Geldes.
Schwarzarbeit – oft der einzige Ausweg
Auf der einen Seite wählen viele auftraggebende Angehörige den Gang in die Illegalität keineswegs aus freien Stücken.
Den Wunsch vieler Pflegebedürftiger, im eigenen zuhause bleiben zu dürfen, wollen die Angehörigen verständlicherweise erfüllen.
Das ausgeschüttete Pflegegeld deckt meist aber weder die Kosten für eine steuer- und versicherungspflichtig angestellte Pflegekraft, noch den eigenen Arbeitsaufwand für eine selbständige Pflege.
Auf der anderen Seite ist für die Pfleger und Pflegerinnen aus dem Ausland das Gehalt, welches sie durch dieses Engagement verdienen, um ein Vielfaches höher als das Durchschnittseinkommen in ihrem Heimatland. Sie wissen, dass ihnen so ein höherer Lebensstandard möglich ist.
So ist der riesige und immer weiter florierende Schwarzmarkt in der Pflegebranche eine logische, schier unaufhaltbare Entwicklung.
Quellen:
https://www.tagesschau.de/inland/spahn-debatte-pflegefinanzen-101~_origin-08f9ad39-726a-412d-b4b0-8e5cf9dc19b9.html
https://www.tagesschau.de/inland/schwarzarbeit-pflege-101.html
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/schwarzarbeit-in-der-pflege-ist-billig-und-bequem-1464659.html
https://www.n-tv.de/politik/In-der-Pflege-droht-der-Kollaps-article20853076.html
https://www.welt.de/wirtschaft/article122932487/Schwarzarbeit-in-der-Pflege-soll-legalisiert-werden.html
https://de.statista.com/themen/785/pflege-in-deutschland/
Bild von Christian Newman von Unplash